1. Grundlagen
Unraid ist ein NAS- und Virtualisierungs-Betriebssystem, das sich an Privatnutzer, kleine Büros und Homelab-Enthusiasten richtet. Es basiert auf einem angepassten Linux-Kernel und kombiniert Funktionen wie Datenspeicherverwaltung, Docker-Container, virtuelle Maschinen und Netzwerkservices in einer einzigen Plattform. Anders als klassische RAID-Arrays setzt Unraid auf eine flexiblere Speicherverwaltung, bei der Festplatten unterschiedlichen Typs und unterschiedlicher Größe gemischt werden können, ohne dass ein identisches Laufwerk-Layout vorausgesetzt wird.
Das Kernprinzip von Unraid beruht auf:
- Parity-basiertem Schutz: Eine oder zwei Parity-Laufwerke berechnen XOR-Informationen, sodass im Falle eines Festplattenausfalls Daten rekonstruiert werden können.
- Ordner-basierter Freigaben: Netzwerkfreigaben (SMB, NFS, AFP) basieren auf Verzeichnisstrukturen, nicht auf Block-Devices, was mehr Flexibilität bei der Verteilung von Dateien ermöglicht.
- Docker-Integration: Unraid stellt einen integrierten Docker-Manager bereit, um Container-Anwendungen einfach bereitzustellen und zu verwalten.
- Virtualisierung: Mit KVM-basierten VMs lassen sich ganze Betriebssysteme wie Windows oder Linux parallel zum NAS betreiben.
- Cache-Pool: SSDs oder NVMe-Laufwerke können als Cache verwendet werden, um Schreibvorgänge zu beschleunigen und anschließend nachts asynchron auf die Datenplatten zu übertragen.
Dies macht Unraid besonders attraktiv für Nutzer, die eine Mischung aus Speicher- und Serverdiensten auf einer einzigen Hardware betreiben möchten, ohne sich mit komplexen RAID-Setups auseinandersetzen zu müssen.
2. Basisinformationen
Unraid wird über einen Webbrowser per GUI verwaltet, die übersichtlich aufgebaut ist und gängige Einstellungen sowie Statusanzeigen leicht zugänglich macht. Wichtige Komponenten und Konzepte sind:
- Array: Ein oder mehrere Datenlaufwerke plus optionales Parity-Laufwerk bilden das Unraid-Array. Die Kapazität entspricht der Summe der Datenlaufwerke (plus 1 Laufwerk für Parity).
- Cache-Pool: Ein Pool aus SSDs kann temporäre Schreibvorgänge aufnehmen, bevor Daten nachts auf die langsameren Datenlaufwerke verschoben werden.
- Shares: Freigaben definieren gemeinsame Ordner, die über SMB, NFS oder AFP ins Netzwerk exportiert werden.
- Dockers: Unraid liefert eine eingebettete Docker-Engine, in der Nutzer aus einer Community-basierten App-Bibliothek Container-Templates als One-Click-Apps hinzufügen können.
- VMs: KVM-basierte virtuelle Maschinen können direkt in der GUI erstellt und verwaltet werden. Unraid bietet virtuelle Netzwerkbrücken, Zugriff auf GPU-Passthrough (NVidia, AMD) und USB-Geräteweiterleitung.
- Plugins: Eine lebendige Community stellt zahlreiche Plugins bereit, die zusätzliche Funktionen wie erweiterte Backup-Routinen, Dateisystemtools oder Monitoring-Integrationen hinzufügen.
- Dateisystem: Unraid verwendet XFS oder Btrfs auf den Datenlaufwerken und Btrfs auf Cache-Disks (für Snapshots und andere erweiterte Funktionen).
Die Kombination aus NAS-, Docker- und VM-Funktionen in einer GUI macht Unraid besonders für Nutzer attraktiv, die ohne große Linux-Erfahrung komplexe Serverfunktionen betreiben wollen. Das GUI-Design folgt einem klaren Apple-inspirierten Look: flache Icons, dezente Farbwahl und klare Typografie.
3. Kosten
3.1 Alte Preismodelle
Bis Anfang 2021 nutzte Unraid ein „Pro-Lizenzmodell“, bei dem Lizenzen nach der Anzahl der verwendeten Datenlaufwerke gestaffelt waren:
- Basic: Bis zu 6 Datenlaufwerke, Lizenzpreis ca. 59 USD.
- Plus: Bis zu 12 Datenlaufwerke, Lizenzpreis ca. 89 USD.
- Pro: Unbegrenzt Datenlaufwerke, Lizenzpreis ca. 129 USD.
Dieses Modell machte es für Heimanwender attraktiv, mit wenigen Festplatten zu starten, während größere Arrays teurer wurden. Updates für neue Major-Releases (z. B. von v6.x auf v6.y) waren üblicherweise kostenlos innerhalb der Lizenz-Klasse, während ein Versionssprung (z. B. v5 auf v6) mit einer ermäßigten Upgrade-Gebühr verbunden sein konnte.
3.2 Neue Preismodelle
Seit 2021 hat Unraid sein Preismodell grundlegend geändert und bietet nun ein abonnementbasiertes und ein Lifetime-Modell an:
- Plus-Abonnement: Monatliche Gebühr von ca. 7 USD oder jährliche Abrechnung von ca. 70 USD. Beinhaltet Nutzung auf bis zu 12 Datenlaufwerken.
- Pro-Abonnement: Monatliche Gebühr von ca. 11 USD oder jährliche Abrechnung von ca. 110 USD. Unbegrenzte Datenlaufwerke.
- Lifetime-Lizenz: Einmalige Zahlung von ca. 175 USD (Plus) oder ca. 225 USD (Pro). Enthält alle Updates ohne zusätzliche Kosten.
- Basic-Lizenz: Unverändert weiterhin für bis zu 6 Datenlaufwerke, einmalig ca. 59 USD, aber es entfällt das Abo-Modell hier.
Die Umstellung auf Abonnements ermöglicht es dem Entwicklerteam, kontinuierlich Updates und Support anzubieten, während Nutzer bei Lifetime-Lizenzen eine feste Summe zahlen und anschließend dauerhaft Zugriff erhalten. Viele Langzeitnutzer haben das Model begrüßt, da Lifetime-Lizenzen nach den Anfangsinvestitionen langfristig kostengünstiger sind.
4. Verwendung
Unraid eignet sich für vielfältige Einsatzzwecke, die oftmals in einem Homelab- oder kleinen Büro-Umfeld angesiedelt sind. Typische Anwendungsfälle:
- File-Server/NAS: Klassische Netzwerkfreigaben für Backups, Medienbibliotheken, Dokumente und gemeinsame Arbeitsverzeichnisse. Dank Parity-Schutz bleiben Daten bei Festplattenausfall geschützt.
- Medien-Server: Docker-Apps wie Plex, Emby, Jellyfin laufen reibungslos auf Unraid. Nutzer können Medien zentral speichern und streamen.
- Privates Cloud-Storage: Mit Plugins oder Docker-Containern wie Nextcloud lassen sich private Cloud-Dienste betreiben, ohne auf öffentliche Anbieter angewiesen zu sein.
- Backup-Lösung: Unraid kann mittels integrierter Plugins oder Docker-Apps inkrementelle Backups auf externe Laufwerke oder Cloud-Speicher (z. B. Backblaze B2, S3) durchführen.
- Download-Server: Container wie qBittorrent oder Transmission ermöglichen automatisierte Downloads von Torrents und Usenet, oft kombiniert mit automatischen Media-Organizern (Radarr, Sonarr).
- Virtualisierungs-Host: KVM-VMs ermöglichen den Betrieb von Windows- oder Linux-VMs für Entwicklung, Netzwerktools (z. B. Pi-hole, pfSense) oder Testumgebungen.
- Docker-Umgebung: Unraid’s Community Applications gibt Zugriff auf Hunderte vorgefertigter Container-Templates (Home Assistant, Grafana, InfluxDB, Homebridge). Ein Klick genügt, um einen Container zu installieren und zu konfigurieren.
- Home-Automation: Plattformen wie Home Assistant laufen nativ auf Unraid, um Smart-Home-Geräte zu steuern, Automatisierungen einzurichten und Sensoren auszuwerten.
Bei all diesen Anwendungsfeldern profitiert man von der einfachen Verwaltung über die Web-GUI, die automatische Parity- und Cache-Funktion sowie die Möglichkeit, Hardware wie Netzwerkkarten (LACP/MTU-Tagging) und GPUs (für Transcoding) direkt zu nutzen.
5. Alternativen
Je nach Anforderungen gibt es verschiedene Alternativen zu Unraid, die ebenfalls NAS- und/oder Virtualisierungsfunktionen bieten. Eine Auswahl der gängigsten:
- TrueNAS (ehemals FreeNAS): Eine FreeBSD-basierte Lösung mit ZFS-Unterbau. Bietet umfangreiche Enterprise-Funktionen wie Deduplizierung, Snapshots, Replikation. Lizenzkostenfrei, benötigt aber homogene Laufwerkskonstellationen und Vergleichsweise höhere Hardware-Anforderungen.
- OpenMediaVault (OMV): Debian-basiertes NAS-System mit Plugins für Docker, SnapRAID oder ZFS. Kostenlos und quelloffen, eignet sich für Einsteiger, erfordert aber teils mehr manuelle Konfiguration.
- Synology DSM: Kommerzielle NAS-OS-Plattform auf Synology-Hardware. Sehr benutzerfreundlich, umfassende App-Zentrale, aber an proprietäre Hardware gebunden und oft teurer.
- QNAP QTS: Ähnlich wie Synology, kommerzielles NAS-OS mit vielen Zusatzdiensten. Bindung an QNAP-Hardware, Lizenzmodelle für Apps können zusätzliche Kosten verursachen.
- Rockstor: CentOS- bzw. openSUSE-basiertes NAS mit Btrfs-Untersatz. Bietet Snapshots und Replikation, ist quelloffen, aber Community-lastig und weniger verbreitet.
- StableBit DrivePool (Windows): Windows-basiertes „Drive Pooling“-Tool, das verteilten Speicher erstellt. In Kombination mit Windows-Server-Features oder WSL2 kann man NAS-Dienste laufen lassen, jedoch abhängig von Windows-Lizenz.
- SnapRAID + MergerFS (Linux): Keine vollständige Distro, sondern Kombination aus zwei Tools: SnapRAID für Parity-Schutz und MergerFS für Pooling heterogener Laufwerke. Sehr flexibel, aber rein-cli-basiert und benötigt Eigenaufbau einer Benutzeroberfläche.
- OpenWrt/Lede + extroot: Für minimalistische NAS-Anforderungen auf Embedded-Routern. Eher Nischenlösung, gut für einfache Dateifreigaben, aber keine Virtualisierung oder Docker-Integration.
Welche Alternative am besten passt, hängt von Faktoren ab wie Budget, Hardwarevoraussetzungen, gewünschter Funktionsumfang (z. B. Enterprise-Features oder Einfachheit) und Präferenz für Open-Source vs. proprietäre Systeme. Unraid überzeugt vor allem durch seine Kombination aus einfacher GUI, flexibler Speicherverwaltung und integrierten Container-/VM-Funktionen, während andere Lösungen in speziellen Bereichen (z. B. ZFS-Fähigkeiten bei TrueNAS) punkten.